5. Platz Putlitzer Preis® 2023
Das muss ein komischer Hashtag gewesen sein, wahrscheinlich hatte ich mich verschrieben, auf jeden Fall sind auf einmal ganz viele Bilder von Viecherln in meiner Instagram-Timeline gewesen.
Da waren Hunderl, die meisten kleine Wadlbeisser, aber irgendwie lieb. Nur ein paar waren hässlich. Und dann waren da noch Katzerl. Ich hätte nie geglaubt, dass ich einmal so viele süße Wollknäuel auf einem Fleck sehen würde. Ein paar Vogerl hat es auch gegeben, Wellensittiche und exotische Bunte. Ja sogar eine Eule, aber kein Hendl. Wirklich putzig war der eine Igel.
Die Viecherl haben alle gepost, das sollte man gar nicht glauben. Vor allem die Hunderl. Treuherzig haben sie in die Kamera geschaut und Pfoterl gegeben und dabei haben sie Hüte aufgehabt und kleine Hundepulli an. Ich habe gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt. Ein paar sind auf ihren Hinterhaxerl gestanden. Die haben mir sogar ein wenig leidgetan.
Ganz viele haben die Viecherl gelikt und kommentiert. „Moi“ haben sie geschrieben und bunte Herzerl daneben gestellt. Oder „so cute“ mit zwei Herzerlaugen-Emojis dazu.
Da ist mir aufgefallen, dass manchmal neben einem Viecherl etwas gestanden ist. Ein Packerl Futter, ein Pflegeprodukt. Einer hat sogar ein Stofftier im Bild gehabt, das hat ausgeschaut, wie er selbst und drunter ist gestanden, dass man es kaufen kann.
Da ist es mir eingeschossen: Die kriegen das Zeug sicher umsonst und wenn sie sich gescheit anstellen, Geld auch noch dazu. Also habe ich ein wenig gegoogelt. Petfluencer heißen die Viecherl und die wirklich guten verdienen wirklich viel Geld.
Da dachte ich mir: Das mache ich jetzt auch! Da gab es nur ein Problem: Mein Hund ist ein alter Sack. Der gähnt und legt sich nieder, wenn er eine Kamera vor sich hat.
Aber die Lutscherl! Die Resi-Sau hat vor zwei Tagen Ferkerl bekommen. Ich könnte ja eines aussuchen und zum Pefluencer machen. Und dann werde ich so richtig berühmt und reich.
Also habe ich mich in den Stall gestellt und gewartet, welches Lutscherl am neugierigsten ist. Zwei sind um meine Füße herumgewuselt und haben mit ihren Rüsseln geschnüffelt. Da habe ich sie mir genauer angesehen. Eines war ein Eber, den habe ich nicht genommen. Ich glaube, es wäre nicht gut gekommen, wenn wir zwei für ein Foto herumkugeln und ihm sein Korkenzieher ausfährt.
Das zweite war eine kleine Sau. Ich habe ihr gleich ein Mascherl ums Schwanzerl gebunden, damit ich sie wiedererkenne, und habe sie „Piggy Berta“ getauft. Ich habe natürlich einen englischen Namen genommen, damit wir auch international gehen können.
Da ist es mir eingeschossen, dass ich schnell sein muss, wenn ich noch Ferkerl-Bilder erwischen mag. Die Viecherl wachsen ja so geschwind. Gemeinsam mit meinem Vater habe ich einen kleinen Teich ausgehoben, mit meiner Mutter rundherum Blumen gesetzt. In der Zwischenzeit hat meine Oma ganz viele Mascherl genäht und gehäkelt und gestrickt. Dabei hat sie auch geschaut, dass sie zu meinem Gewand passen. Man darf ja nichts dem Zufall überlassen.
Langsam habe ich das Lutscherl an sein neues Fotoleben gewöhnt. Ich habe eine Hundeleine genommen und bin mit ihm aus dem Stall hinaus. Meine Schwester hat gefilmt und fotografiert. Man muss ja alles dokumentieren.
Bei den ersten Fotos auf Instagram haben nur meine Freunde die Berta gelikt. Und ein paar haben gefragt, ob ich wo angrennt bin. Zum Affen würde ich mich machen mit meiner Sau. Ich habe mir nur gedacht: Ihr werdet schon noch sehen.
Schön langsam sind es mehr Berta-Fans geworden. Ich habe mich aber auch recht angestrengt. Jeden zweiten Tag habe ich sie gewaschen. Am Anfang hat sie noch gequietscht und wollte davonrennen, aber dann hat sie Gefallen daran gefunden, und jetzt freut sie sich, glaube ich, schon. Einmal habe ich sie beim Waschen gefilmt, das haben besonders viele gelikt und neue Fans habe ich auch dazubekommen.
Das Posen mit dem Ferkel ist halt recht schwierig, da muss ich geschwind sein. Manchmal kratze ich sie am Hals oder am Bauch. Das mag sie recht gerne. Auf zwei Haxerl stehen geht natürlich gar nicht, dafür ist der Bauch zu dick und die Haxerln zu dünn. Aber meinen Kopf auf ihren, das gibt immer schöne Bilder. Oder wenn sie allein in die Kamera schaut im Hintergrund die Blumen oder der Teich mit dem Sonnenuntergang oder ein Bild bei mir in der Küche oder in meinem Bett.
Aber nicht, dass ihr glaubt, ich mag die Berta nur wegen den Klicks und den Likes. Ich habe sie wirklich ins Herz geschlossen.
Als es 750 Fans waren, war ich mir sicher, dass das was wird mit der Berta als Petfluencer. Vielleicht findet sich dann ein junges Start-Up, das ein gescheites Duschgel für Lutscherl produziert. Eines das schäumt, aber der Berta nicht schadet. Das gäbe viele „moi“ und „so cute“ in den Kommentaren. Vielleicht geht die Berta dann sogar viral.
Ich habe nur ein Problem: So ein Lutscherl bleibt ja nicht lange süß. Das ist bald einmal eine richtige Sau. Mit dem ersten Geburtstag feiern wird da nichts. Dann ist die Berta schon zu blad für einen Petfluencer.
Wir feiern also jeden Monat Geburtstag, mit extra viel Futter aus einer schön geschmückten Schale. Die Berta hat dann immer eine Krone auf. Nur das mit dem Kerzerl-Ausblasen hat sie noch nicht hinbekommen.
Weil die Lutscherl halt gar so schnell groß werden, habe ich immer gleich ein paar Fotos mehr geschossen. Es dauert ja wieder bis unsere Sau das nächste Mal Ferkerl kriegt. Vielleicht kann ich mich dann ein wenig drüberschummeln, sage einfach, dass das „Piggy Berta 2“ ist und es kommt mir keiner drauf.
Es war schon blöd von mir, dass ich die Marke „Berta“ als Lutscherl aufgebaut habe. Man merkt halt doch, dass ich noch neu bin im Geschäft.